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Österliches Allerlei und Eierlei |
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Ostern ticken die Polen anders, das zeigt schon Karfreitag, der Tag der Kreuzigung Jesu Christi. Im ganzen Land sind die Kirchenglocken still (bis Ostersonntag), das sonst rege Treiben auf den Straßen und Märkten ist sehr eingeschränkt, an vielen Häusern sind die Fenster verdunkelt, es wird gefaßtet, kein Fleisch verzehrt und offiziell auf Alkoholisches verzichtet. Man geht zur Arbeit.
In der Tradition des slawischen Katholizismus kann der Karfreitag kein
Feiertag sein. Feierlich wird Ostern erst mit dem Gedenken an die
Auferstehung Jesu Christi. Luther ist schuld, dass in Ländern mit hohem
protestantischen Anteil auch die Katholiken am Karfreitag feiern sollen
statt zu arbeiten.
Im heutigen Polen allerdings hat die
österliche Fastenkultur auch einen neuen Namen kreiert: Woche der
Renovierung. Weil viele Kneipen und Discos eine Pause einlegen, werden
daheim Lacke angerührt und die eigenen vier Wände verschönt, zeitnah
preisen Discounter und Baumärkte Sonderangebote an. Am zweiten Tag nach
Karfreitag ist Ostern voll im Programm.
Am Palmsonntag pflegen
Traditionalisten den Brauch, sich mit Weidenzweigen zu schlagen, um sich
Gesundheit und Glück zu versichern. Die Tapfersten schlucken sogar die
Weidenkätzchen im Glauben, es schütze vor Kopf-und Halsschmerzen.
Speisen
gibt es aus dem „geweihten Korb“: Brot, bunte Ostereier, typische
polnische Weißwurst mit „Cwikla“ (Rote Beete mit Meerrettich vermischt),
Schinken, Aufschnitt, Pastete und Gemüsesalat. Zum Nachtisch kommen
hinzu: „Baby“ (Hefekuchen), „Pascha“ (eine Art Käsekuchen), Mohnkuchen
und der „Mazurek“ – ein typischer Osterkuchen. Zu Beginn des Frühstücks
teilen sich die Anwesenden ein geweihtes Ei und wünschen sich Glück und
Gesundheit Danach dürfen die Kinder nach Süßigkeiten suchen, die der
Osterhase versteckt hat.
Am Ostermontag ist „Smigus-Dyngus“
angesagt - der „Tag des Wassergießens". Der Brauch erinnert an die
Taufe von Mieszko I., der Polen im Jahr 966 zum Christentum bekehrte.
Wasserpistolen werden gefüllt oder volle Eimer auf die Straße getragen.
Wer Ostersonntag den Regenschirm vergessen hat, kann pudelnaß werden. An
diesem Tag ist das erlaubt. Auch die Polizei darf sich nicht
beschweren, wenn sie „im Regen“ steht.
Eierlei Ein schönes
Brauchtum hat sich in Polen erhalten mit der Bemalung von Eiern in
traditionellen Mustern und Techniken. Über Generationen hinweg war die
Kunst Frauen vorbehalten, jetzt haben sich auch Männer emanzipiert. Das
polnische Osterei ist ein Exportschlager. Zwei traditionelle Techniken
werden angewandt: Dekorbeschichtung auf Wachsbasis einerseits und –
aufwändiger – mit farblich getränkten Stoffen, Zwiebelbeigaben und
geheimnisvollen Ritztechniken andererseits. Hühner-, Enten-, Gans- und
neuerdings sogar Straußeneier erhalten kunstvolle Überschalung.
Die
Wachstechnik geht so: Das Ei wird ausgeblasen, genannt „wydmuszki“.
Sodann das Schalenskelett in heißen Wachs getaucht und die Verzierung
mit Nadeln eingeritzt, danach dann die Färbung.
Komplizierter ist
das „Kraszanki“-Ei. Dafür färbt man die Eier zunächst in einer Brühe
aus bunter Wolle oder braunen Zwiebelschalen. Dann ritzt man feine
Muster in die Schale. Es ist eine Technik, die einer geschickten Hand
und plastischer Fähigkeiten bedarf. "Um „Kraszanka“-Eier zu machen,
benötigt ein Profi mindestens zwei Stunden", sagt eine Volkskünstlerin
aus dem südwestpolnischen Oppeln.
ds/20.04.2019
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