Die deutsche Verlagsgruppe Passau hat das Medienunternehmen Polska Press Group, zu dem 20 regionale Tageszeitungen und einige Wochenzeitungen in Polen gehören, an den polnischen, PiS-nahen Staatsbetrieb PKN Orlen verkauft. Kritiker befürchten nun eine weitere Einschränkung der Pressefreiheit in Polen und fordern eine Positionierung von deutscher Seite. Andere wollen den Deal nicht überbewerten.
Gazeta Wyborcza: Merkel sieht schweigend zu
Der Journalist und Politologe
Bartosz Wieliński hatte sich mehr Haltung von Deutschland erhofft, wie
er in der linksliberalen Tageszeitung schreibt:
„Die deutsche
Verlagsgruppe Passau verkauft 20 der 24 in Polen veröffentlichten
regionalen Tageszeitungen und Bundeskanzlerin Angela Merkel schweigt
(wenn sie nicht gar ihre Zustimmung gibt). Ich kann bereits die
beruhigenden Worte deutscher Diplomaten hören, dass der Kauf von
Zeitungen ein reines Geschäft ist und dass Politik nichts damit zu tun
hat. Dies ist offensichtlich falsch, denn solche Transaktionen finden
nicht im politischen Vakuum statt. ... Die Tatsache, dass die PiS freie
Medien bedroht, ist in Europa und den USA seit langem bekannt.
Schließlich reagierte das US-Außenministerium auf die Angriffe auf den
Sender TVN [an dem ein US-Unternehmen mehrheitlich beteiligt ist].
Deutschland ist stolz auf seine demokratischen Medien. In der Praxis
fällt es dem Land schwer, seine Werte zu verteidigen.“
wPOLITYCE: Unnötige
Hysterie Michał Karnowski versteht im nationalistischen Onlineportal die
Aufregung nicht:
„Die Reaktionen auf die Transaktion kann als
übertrieben und hysterisch bewertet werden. Die Polska Press Group war
noch nie ein besonders politisiertes Medium, da der lokale Leser
hauptsächlich nach lokalen Informationen sucht. Zugegeben, die
politischen Sympathien kann man spüren, wenn man sich die Wahl der Titel
über einen längeren Zeitraum hinweg ansieht, aber die meisten
Redaktionsteams haben sich immer bemüht, ihren Regionen zu dienen. ...
Der Markt hat seine Gesetze. Jeder, der versucht, regionale Medien zu
politisieren, wird die Leser abschrecken und die Medien nutzlos machen.
Ich würde also keine größeren Revolutionen erwarten.“
Quelle: eurotopics Presseschau/bpb/ds/09.12.2020
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