Alexej Nawalny hat offenbar von einem der am Giftanschlag gegen ihn beteiligten Agenten ein Geständnis erlistet. Medien hatten vergangene Woche von einem Mordkomplott durch acht FSB-Agenten berichtet. Daraufhin gab sich Nawalny am Telefon als Berater des Sicherheitsratschefs aus und erfuhr Details des Anschlags. Den Mitschnitt des Gesprächs stellte der Kreml-Kritiker auf YouTube.
POLITYKA: Nun wird sich die Spreu vom Weizen trennen
Polens liberales
Magazin sieht die Angelegenheit als Test für die westlichen Regierungen:
„Vorerst schweigen sie. Das Gewicht der Beweise ist jedoch für den
Kreml so erdrückend, dass der Westen reagieren muss. Das Ausbleiben
einer Reaktion wäre ein Zeichen der Heuchelei, eine Zustimmung zum
Terror Russlands, aber auch anderer Länder, die ihre Opposition
eliminieren. ... Alles in allem wird die Reaktion der Welt abhängen von
dem jeweils sehr spezifischen politischen Kalkül einzelner Staaten,
vielleicht auch Institutionen. Die Sache ist ernst. Wir werden sehen,
wer den Test besteht und wer nicht.“
RADIO KOMMERSANT FM: Schon bald
könnte sich der Wind drehen Russlands liberal-konservatives Onlineportal
interessiert sich vor allem für die längerfristigen Entwicklungen:
„Die
Reaktion der westlichen Partner ist interessant: Es gibt keine.
Möglicherweise ist diese Reaktion für sie nützlicher, zumal Sanktionen
ja schon verhängt sind. ... Aber alles kann sich ändern, sobald Biden
ins Weiße Haus einzieht und seine Administration formiert. Neue
Spannungen sind nicht ausgeschlossen. Die russische Opposition wurde aus
dem Land gedrängt, klar, und die Hiergebliebenen werden hinreichend
unterdrückt. Aber in der Epoche von Internet und Globalisierung gibt es
keine Grenzen und es bleiben genug Wege, um die Menschen zu erreichen
und zu beeinflussen.“
STRANA: Beide Versionen haben ihre Anhänger Die
Geschichte mit Nawalnys Vergiftung wird immer mehr zu Glaubensfrage,
meint Ekaterina Terechowa im ukrainischen russlandfreundlichen Portal:
„Wollen die Menschen glauben, was der Oppositionelle erzählt oder nicht -
auch vor dem Hintergrund des Umstands, dass (zumindest derzeit) direkte
Beweise für seine Version nicht vorliegen? Viele Putin-Gegner
offensichtlich ja. Gleichzeitig werden die russischen Staatsmedien und
die offiziellen Strukturen diese Nachforschungen als weiteres Argument
nutzen, um Nawalny als Verräter darzustellen, der zusammen mit
ausländischen Geheimdiensten gegen sein Land arbeitet. Und diese Version
halten auch viele für wahr.“
Quelle: eurotopics Presseschau/bpb/ds/23.12.2020
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