In Minsk sind zwei Journalistinnen des in Polen beheimateten Senders Belsat zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Der Vorwurf: Sie hätten Proteste gegen Staatschef Lukaschenka organisiert. Katerina Andrejewa und Darja Tschulzowa hatten im November via Livestream von einer oppositionellen Demonstration berichtet. Kommentatoren liefern Details und Hintergründe.
Gazeta
Wyborcza: Wo bleibt Polens Protest? Bartosz Wieliński, Außenpolitik-Chef
der linksliberalen Tageszeitung, empört sich über das Schweigen
Warschaus: „Der Sender Belsat wurde in Polen gegründet, um den zum
Propaganda-Konsum verdammten Belarusen ein alternatives, freies Medium
zu bieten. Seit vielen Jahren wird er auch vom polnischen Steuerzahler
finanziert. Wie das Lukaschenko-Regime mit den Belsat-Journalistinnen
umgeht, ist daher auch unsere Angelegenheit. Ich schäme mich für die
derzeitigen polnischen Regierenden, die nicht auf die empörende und
absurde Entscheidung des Minsker Gerichts reagiert haben. Premier
Mateusz Morawiecki schweigt dazu - wo er sich doch vor sechs Monaten,
als die Demonstrationen in Belarus noch die ganze Welt interessierten,
gerne mit der Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hat
fotografieren lassen.“
Nowaja Gaseta: Die Regime-Jugend richtet über
ihre Altersgenossen. Irina Chalip, Belarus-Korrespondentin der
regimekritischen russischen Tageszeitung, verweist auf ein
bemerkenswertes Detail:
„Das Justizpersonal, das die beiden jungen
Journalistinnen ins Gefängnis schickte, ist zwischen 22 und 31 Jahre
alt. ... Das bedeutet, dass gleichzeitig mit den furchtlosen Studenten,
die demonstrieren gingen, jetzt in Haft sitzen oder nach ihrer
'politisch bedingten' Exmatrikulation Arbeit suchen, in Belarus auch
eine 'Hitlerjugend' aufgestellt wurde, die in Erwartung von Lob und
Prämien bereitwillig und zufrieden ihre Altersgenossen hinter Gitter
steckt. 'Verstehen Sie denn, dass Sie übers Ohr gehauen werden?',
schreibt auf Facebook der Mann Katja Andrejewas, Igor Iljasch. ... 'Man
möchte Sie mit Blut an ein hoffnungslos sterbendes System fesseln.'
Nein, Igor, sie verstehen es nicht. Denn diese 'Hitlerjugend' wird von
erfahrenen 'Parteigenossen' betrogen, die bestens wissen, wie so etwas
geht.“
Quelle: eurotopics Presseschau/bpb/ds/19.02.2021
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