In einem Interview mit dem Redaktions Netzwerk Deutschland (RND) hat Polens Botschafter in Berlin, Andrzej Przylebski (Foto), verbalen Dampf gegen Nord Stream 2 und Russland losgelassen. Die1200km lange Pipeline führt von Russland an der Ukraine und Polen vorbei direkt nach Deutschland.Polen fordert seit Beginn der Rohrverlegung den Baustopp von Nord Stream 2 mit der Begründung, die Erdgaslieferungen würden Russlands Rüstungskasse zufließen und stellen eine Bedrohung für Polen und andere EU-Oststaaten dar. Russland verfüge schon jetzt über modernste Militärtechnologien und dürfe nicht weiter gestärkt, sondern müsse geschwächt werden. Polen fühle sich bedroht und „sei notfalls auch bereit zu kämpfen“.
Die Kosten des Projekts, rund 10 Mrd. Euro, werden von Konzernen aus
sechs westeuropäischen Ländern finanziert, die Genehmigungen haben alle
EU-Instanzen passiert.
Dennoch ist es Polen gelungen, de USA gegen das
Projekt einzustimmen.Sie hat mit Sanktionen einen fast einjährigen Stopp
die Rohrverlegung etwa 120 Kilometer vor der deutschen Ostseeküste
durchgesetzt. Es ginge den USA vordergründig darum, sich den
europäischen Markt für ihr Fracking-Gas zu sichern, das
umweltschädlicher und teurer als russisches Erdgas sei, zudem die
Einrichtung von LNG-Abnahme-Ports erfordere.
Berlin hat sich der
USA-Forderung widersetzt. Nord Stream 2 sei ein rein wirtschaftliches
und kein politisches Projekt. Im Dezember 2020 wurde die Endverlegung
der Pipeline wieder aufgenommen.
Die Argumentation des polnischen
Botschafters, sein Land fühle sich durch Nord Stream 2 von Russland
bedroht, wurde aus diplomatischen Kreisen in Mokau als „Aggressive
Rhetorik“ zurückgewiesen.
In der Anwort, die dem RND vorliegt, heißt es
unter anderem: „Die Militärausgaben der Russischen Föderation werden
in einem Ausmaß bestimmt, das für eine sichere Verteidigung des Landes
notwendig und ausreichend ist.“ Im Übrigen seien die Militärausgaben der
Nato 24-mal so hoch wie die Russlands. Und es sei nicht Russland,
sondern es seien die Nato-Mitglieder, die ihre „Angriffstruppen immer
weiter nach Osten verlegen“.
Andrzej Przylebski ist Mitglied der
nationalkonservativen Regierungspartei PiS, die massiv gegen das
deutsch-polnische Pipeline-Projekt argumentiert, bisher aber direkte
Gespräche mit Berlin nicht angestrebt hat.
Umfragen in Deutschland
sind eindeutig: Über 70 Prozent der Befragten sprechen sich auch im
Fall von Sanktionen für die Fertigstellung von Nord Stream 2 aus.
Die Partei der Grünen und die FDP indes fordern einen Stopp.
Quelle:RND/GRÜNE/FDP/ds/28.03.2021
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