Nach fast sieben Jahren Stillstand sind die Verhandlungen der EU mit China über ein Investitionsabkommen zwischen den Jahren abgeschlossen worden. Europas Unternehmen erhalten erleichterten Zugang zum weltweit größten und am schnellsten wachsenden Markt. Mehr Kooperation mit China war ein wichtiges Anliegen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft - wohl aber zum Unmut der neuen US-Führung. Auch viele Kommentatoren sind verstimmt.
Financial Times: Schwerer geostrategischer Fehler Die EU wird das
Abkommen noch bedauern, prophezeit Großbritanniens liberale
Wirtschaftszeitung:
„Wenn ein autoritärer Staat wie China die USA als
dominierende Weltmacht verdrängt, werden Demokratien auf der ganzen Welt
die Konsequenzen spüren. Selbst in der gegenwärtigen geopolitischen
Ordnung hat China wiederholt die Bereitschaft gezeigt, seine
Wirtschaftsmacht als strategische Waffe einzusetzen. Indem Europas
Staaten ihre wirtschaftliche Abhängigkeit von China erhöhen, ohne ihr
Vorgehen mit anderen Demokratien abzustimmen, machen sie sich gegenüber
Druck von Peking verwundbarer. Das ist eine bemerkenswert kurzsichtige
Entscheidung für eine Kommission, die sich selbst das Ziel gesetzt hat,
'geopolitisch' zu agieren.“
wPolityce.p:l Deutschland will von
Polarisierung profitieren Für das regierungsnahe Onlineportal trägt das
Abkommen die Handschrift der deutschen Regierung:
„Der Hauptgrund, warum
Berlin die EU zum Abkommen drängte, ist offensichtlich politisch.
Bundesaußenminister Heiko Maas betonte am 1. Juli, am Anfang der
sechsmonatigen Führung der EU durch Berlin, dass Deutschland ein
'Vermittler' zwischen Washington und Peking sein will. … Mit anderen
Worten: Die Welt soll bipolar werden. In einer solchen Welt würden
Entscheidungen aber über die Köpfe der Europäer hinweg getroffen, die
bei jedem wichtigen politischen Schritt Partei ergreifen müssten. Und so
wird Deutschland zum Zünglein an der Waage, zum 'ehrlichen Vermittler'
zwischen den sich bekriegenden Mächten, mit allen Vorteilen, die eine
solche Position mit sich bringt.“
NZZ: Dialog ist effektiver als
Verweigerung Das Abkommen ist besser als sein Ruf, argumentiert hingegen
die liberal-konservative Schweizer Tageszeitung:
„[E]in
Investitionsabkommen ist kein Vehikel, um ein Regime zu ändern. ... Und
schließlich sollte man sich auch keinen Illusionen hingeben: Das
chinesische Regime wird immer Wege finden, seine Vorstellungen gegen
private Interessen durchzusetzen. ... Aber die im neuen Abkommen
vorgesehenen Kooperationsorgane und Streitschlichtungsmechanismen werden
es künftig immerhin erleichtern, Verletzungen von Verpflichtungen
anzuprangern und dagegen vorzugehen. Dialog ist effektiver als
Verweigerung. Damit der Systemwettbewerb friedlich und produktiv bleibt,
braucht es Kooperation und die Einigung auf gewisse Spielregeln.“
Quelle: eurotopics Presseschau/bpb/ds/05.01.2021
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